Zwischen den Kulturen
Ulrike Ottinger ist durch Filme bekannt geworden: Dokumentationen aus fernen Ländern und Spielfilme, die immer wieder im Programm der Berliner Filmfestspiele liefen. Bis vor Kurzem war in Berlin eine retrospektive Werkschau zu sehen. Jetzt hat sie den Hannah-Höch-Preis verliehen bekommen.
"Und sie sehen da viele Stoffopfer, für die die Menschen sich zum Teil ein Stück von ihrer Kleidung abreißen und ein Opfer geben. Und diese Ogos stehen an wichtigen Passagen, an Pässen und Furten. Also wenn man über Flüsse geht. Und ich habe sie hier an den Eingang zur Ausstellung gestellt, wenn sie wollen, können sie am Ende auch so ein Stoffopfer geben."
So erklärt Ulrike Ottinger die kleinen Stoffbänder, die normalerweise als Glücksbringer an schwierigen Wegstrecken in Asien zu finden sind und die sie in Berlin am Eingang ihrer Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt drapiert hatte - als Mitbringsel von einer ihrer weiten Reisen. Denn Ulrike Ottinger liebt es, unterwegs zu sein - zwischen den Kulturen. Das konnte man zuletzt spüren, bei einer ihrer sehr persönlichen Führungen durch diese Ausstellung. Als sie die vielen Besucher mitnahm auf einen so sinnlich wie intensiv inszenierten Rundgang mit symbolischen Souvenirs und Objekten, mit Fotos, aber vor allem Filmen - von ihren Reisen in ferne Länder.
"So habe ich Reisen immer als etwas begriffen, das alle Sinne gleichermaßen beschäftigt. So verstehe ich auch meine Arbeit auch in der Auseinandersetzung mit anderen Kulturen. Das ist den Menschen oft nicht so bewusst, wie sehr die eigene Kultur von anderen beeinflusst ist. Genau solchen Fragen nachzugehen, woher kommt das, wo und wann ist das zusammen gekommen, das sind Fragen, die ich unglaublich spannend finde."
So sieht sich die 69-Jährige vor allem als Ethnografin. Sie erkundet 1985 das kommunistische Riesenreich China, begibt sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auf die "Südostpassage" - nach Istanbul und Odessa. Und filmt zuletzt in "Unter Schnee" die Schwierigkeiten, aber auch die Schönheiten des Lebens im Norden Japans.
Es sind dokumentarische Filme, manchmal bis zu acht Stunden lang. Ulrike Ottinger nimmt sich darin Zeit für die Entdeckung vergessener Mythen, für die Banalität, aber auch die Magie des Alltags.
"Für mich ist das kein Widerspruch, weil das Künstlerische und die Kunst, das findet eben auch im Alltag statt. Und man muss einfach nur genau hingucken. Und das kann man natürlich sehr schön mit Film. Film ist ein Medium, was unserer Zeit so adäquat ist, weil man die ganzen Parallelen zeigen kann. Also es ist ein Medium, das mich außerordentlich fasziniert und wo ich das Gefühl habe, dass man ständig etwas Neues damit machen kann."
Mehr als 20 Filme hat Ottinger in den vergangenen 40 Jahren gedreht. Dokumentar-, aber auch Spielfilme. Über die Freaks und Outcasts der Gesellschaft. Die fand sie, genau wie die Drehorte, nicht in der Ferne - sondern oft vor ihrer Berliner Haustür. "Freak Orlando" etwa entstand in einem Kreuzberger Bunkerbau, bei anderen Projekten ist die Berliner Malerin und Performerin Tabea Blumenschein schillernde Figur.
"Das waren Reisen durch die Stadt, durch verschiedene Milieus. Da war ich Ethnologin im eigenen Land, natürlich."
1973 kam Ulrike Ottinger nach Berlin, wo sie bis heute in Kreuzberg lebt. Voller Bücher, Bilder und Fotografien ist ihre Wohnung eine Art kultureller Kosmos, der ihr breites Kunstinteresse und Verständnis widerspiegelt. So passt es gut, dass man in der anlässlich des Hannah-Höch-Preises ausgerichteten Ausstellung nun auch eine bisher unentdeckte Seite der Künstlerin zu sehen bekommt: Ulrike Ottinger als Malerin. Es sind farbintensive, figurative Bilder, die in ihrer Comichaften, plakativen Machart an Pop-Art erinnern. Entstanden sind sie in Paris, wo Ulrike Ottinger in den 60er-Jahren lebte, Künstlern und Literaten begegnete, die Nächte durchtanzte und durchdiskutierte.
Ein aufwühlendes Leben, das sie 1968 aufgab, genau wie die Malerei. Sie hatte eine Krise - umschreibt sie vorsichtig die radikalisierte Atmosphäre während der Studentenunruhen und die dogmatischen Anfeindungen gegen sie als Vertreterin einer als "bürgerlichen" verschrienen Malerei. Überhaupt ist es nicht Ulrike Ottingers Art, viel von sich Reden zu machen. Schon gar nicht, wenn es um die Schattenseiten ihres Lebens geht. So spricht sie kaum über die Repressalien, denen sie als Tochter einer Jüdin ausgesetzt war. Erzählt stattdessen lieber von den glücklicheren Zeiten in Konstanz, wo sie 1942 geboren wurde. Der Vater ein Maler, die Mutter viel reisende Fremdsprachenkorrespondentin
"Es war ein sehr gastfreundliches Haus. Wir hatten immer viel Besuch. Viele Künstler. Ich denke schon, dass mich das sehr geprägt hat. Und ich wollte sehr früh weg von zu Hause. Nicht weil ich mich mit meinen Eltern nicht verstand, sondern ich wollte in die Welt."
Und so machte sich Ulrike Ottinger auf in die Welt, wo sie bis heute und sicher auch in Zukunft unterwegs ist - mit der Filmkamera im Gepäck. Doch bevor sie wieder auf Reisen geht, bekommt sie in Berlin den Hannah-Höch-Preis verliehen - für ein in seiner Vielseitigkeit und Intensität beeindruckendes Lebenswerk.
So erklärt Ulrike Ottinger die kleinen Stoffbänder, die normalerweise als Glücksbringer an schwierigen Wegstrecken in Asien zu finden sind und die sie in Berlin am Eingang ihrer Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt drapiert hatte - als Mitbringsel von einer ihrer weiten Reisen. Denn Ulrike Ottinger liebt es, unterwegs zu sein - zwischen den Kulturen. Das konnte man zuletzt spüren, bei einer ihrer sehr persönlichen Führungen durch diese Ausstellung. Als sie die vielen Besucher mitnahm auf einen so sinnlich wie intensiv inszenierten Rundgang mit symbolischen Souvenirs und Objekten, mit Fotos, aber vor allem Filmen - von ihren Reisen in ferne Länder.
"So habe ich Reisen immer als etwas begriffen, das alle Sinne gleichermaßen beschäftigt. So verstehe ich auch meine Arbeit auch in der Auseinandersetzung mit anderen Kulturen. Das ist den Menschen oft nicht so bewusst, wie sehr die eigene Kultur von anderen beeinflusst ist. Genau solchen Fragen nachzugehen, woher kommt das, wo und wann ist das zusammen gekommen, das sind Fragen, die ich unglaublich spannend finde."
So sieht sich die 69-Jährige vor allem als Ethnografin. Sie erkundet 1985 das kommunistische Riesenreich China, begibt sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auf die "Südostpassage" - nach Istanbul und Odessa. Und filmt zuletzt in "Unter Schnee" die Schwierigkeiten, aber auch die Schönheiten des Lebens im Norden Japans.
Es sind dokumentarische Filme, manchmal bis zu acht Stunden lang. Ulrike Ottinger nimmt sich darin Zeit für die Entdeckung vergessener Mythen, für die Banalität, aber auch die Magie des Alltags.
"Für mich ist das kein Widerspruch, weil das Künstlerische und die Kunst, das findet eben auch im Alltag statt. Und man muss einfach nur genau hingucken. Und das kann man natürlich sehr schön mit Film. Film ist ein Medium, was unserer Zeit so adäquat ist, weil man die ganzen Parallelen zeigen kann. Also es ist ein Medium, das mich außerordentlich fasziniert und wo ich das Gefühl habe, dass man ständig etwas Neues damit machen kann."
Mehr als 20 Filme hat Ottinger in den vergangenen 40 Jahren gedreht. Dokumentar-, aber auch Spielfilme. Über die Freaks und Outcasts der Gesellschaft. Die fand sie, genau wie die Drehorte, nicht in der Ferne - sondern oft vor ihrer Berliner Haustür. "Freak Orlando" etwa entstand in einem Kreuzberger Bunkerbau, bei anderen Projekten ist die Berliner Malerin und Performerin Tabea Blumenschein schillernde Figur.
"Das waren Reisen durch die Stadt, durch verschiedene Milieus. Da war ich Ethnologin im eigenen Land, natürlich."
1973 kam Ulrike Ottinger nach Berlin, wo sie bis heute in Kreuzberg lebt. Voller Bücher, Bilder und Fotografien ist ihre Wohnung eine Art kultureller Kosmos, der ihr breites Kunstinteresse und Verständnis widerspiegelt. So passt es gut, dass man in der anlässlich des Hannah-Höch-Preises ausgerichteten Ausstellung nun auch eine bisher unentdeckte Seite der Künstlerin zu sehen bekommt: Ulrike Ottinger als Malerin. Es sind farbintensive, figurative Bilder, die in ihrer Comichaften, plakativen Machart an Pop-Art erinnern. Entstanden sind sie in Paris, wo Ulrike Ottinger in den 60er-Jahren lebte, Künstlern und Literaten begegnete, die Nächte durchtanzte und durchdiskutierte.
Ein aufwühlendes Leben, das sie 1968 aufgab, genau wie die Malerei. Sie hatte eine Krise - umschreibt sie vorsichtig die radikalisierte Atmosphäre während der Studentenunruhen und die dogmatischen Anfeindungen gegen sie als Vertreterin einer als "bürgerlichen" verschrienen Malerei. Überhaupt ist es nicht Ulrike Ottingers Art, viel von sich Reden zu machen. Schon gar nicht, wenn es um die Schattenseiten ihres Lebens geht. So spricht sie kaum über die Repressalien, denen sie als Tochter einer Jüdin ausgesetzt war. Erzählt stattdessen lieber von den glücklicheren Zeiten in Konstanz, wo sie 1942 geboren wurde. Der Vater ein Maler, die Mutter viel reisende Fremdsprachenkorrespondentin
"Es war ein sehr gastfreundliches Haus. Wir hatten immer viel Besuch. Viele Künstler. Ich denke schon, dass mich das sehr geprägt hat. Und ich wollte sehr früh weg von zu Hause. Nicht weil ich mich mit meinen Eltern nicht verstand, sondern ich wollte in die Welt."
Und so machte sich Ulrike Ottinger auf in die Welt, wo sie bis heute und sicher auch in Zukunft unterwegs ist - mit der Filmkamera im Gepäck. Doch bevor sie wieder auf Reisen geht, bekommt sie in Berlin den Hannah-Höch-Preis verliehen - für ein in seiner Vielseitigkeit und Intensität beeindruckendes Lebenswerk.