Zwischen Homeoffice und Systemrelevanz

Wie Corona unsere Arbeit verändert

93:23 Minuten
Vogelperspektive auf eine Frau zu Hause am Schreibtisch
Homeoffice ist in aller Munde: Bilden sich derzeit neue, flexiblere Arbeitsroutinen heraus? © Eyeem / Westend61 / Westend61
Moderation: Vladimir Balzer |
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Corona hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt: Homeoffice und Videokonferenzen statt Präsenzpflicht. Berufe, die bisher kaum Beachtung fanden, gelten nun als "systemrelevant". Was folgt daraus für die Zukunft unserer Arbeit? Diskutieren Sie mit!
Arbeiten in Coronazeiten: Plötzlich ist möglich, was vor der Pandemie nicht denkbar war. Ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland arbeitet im Homeoffice. Wir skypen, zoomen die Zahl der Videokonferenzen hat sich mehr als verdoppelt.
Gleichzeitig gelten Berufsgruppen, die bisher kaum beachtet wurden, auf einmal als systemrelevant: Mitarbeitende in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Supermärkten. Wie erleben wir diese Zeit? Welche Lehren ziehen wir daraus? Wie wird unsere Arbeitswelt nach Corona aussehen?

Tücken des Homeoffice

"Man muss genau trennen beim Homeoffice: Arbeiten wir im Not- oder im Normalbetrieb", sagt Oliver Stettes, Leiter des Kompetenzfelds Arbeitsmarkt und Arbeitswelt am Institut der deutschen Wirtschaft. "Im Normalbetrieb gibt es klare Abmachungen: Ich werde nicht geschickt, ich habe den Wunsch geäußert. Und dann nehme ich auch in Kauf, dass die Grenze zwischen Beruf und Privatem verschwimmt und die Eigenverantwortung ansteigt." Anders sehe es im Notbetrieb aus: "Wenn Sie Leute ins Homeoffice geschickt haben, die das nicht wollten oder nicht können, dann haben Sie eine hohe Führungsverantwortung."
Der Arbeitsmarktexperte sieht in der Coronakrise auch eine Chance: "Wenn in den kommenden Wochen Unternehmen und Beschäftigte gute Erfahrungen mit dem Homeoffice als Notfallmaßnahme machen, können sich Vorbehalte nachhaltig auflösen und neue, flexiblere Arbeitsroutinen herausbilden. Dann werden sicherlich in Zukunft mehr Menschen die Möglichkeiten nutzen können, mobil zu arbeiten."

Wert und der Wertschätzung der Arbeit

"In der Coronakrise sehen wir, was für ein verfehltes Paradigma das ist, Arbeit nur nach rein monetären Gesichtspunkten zu bewerten und die ganzen menschlichen Zusammenhänge in den Hintergrund zu schieben", sagt Lisa Herzog, Philosophin und Sozialwissenschaftlerin an der Universität Groningen. In ihrem aktuellen Buch "Die Rettung der Arbeit" beschäftigt sie sich auch mit der Wertschätzung der Arbeit.

Corona und die sozialen Fragen

Corona bringe viele soziale Fragen an den Tag: "Es könnte viel mehr politisches Gewicht auf die klassischen Arbeitnehmerfragen gelegt werden. Vieles wurde ja schon vor Corona durch die Digitalisierung diskutiert: Ob man in Betrieben nicht mehr Partizipation haben muss, Verteilungsfragen, wie viel Mitbestimmung gibt es? Und die Frage ist, ob wir es schaffen, dass Arbeit wieder stärker nach ihrer sozialen Bedeutung bewertet wird. Und ob jene Berufe, in denen die Arbeitsbedingungen schlecht sind, aufgewertet werden. Man kann nur hoffen, dass die derzeitigen Einsichten zu konkreten Änderungen führen und nicht einfach wieder verpuffen, wenn die Krise vorüber ist."
(sus)

Zwischen Homeoffice und Systemrelevanz – Wie Corona unsere Arbeit verändert
Darüber diskutiert Vladimir Balzer am 13. Juni 2020 von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit der Philosophin Lisa Herzog und dem Arbeitsmarktexperten Oliver Stettes. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de" target="_blank" href="https://www.deutschlandfunkkultur.de/im-gespraech.969.de.html">gespraech@deutschlandfunkkultur.de. Besuchen Sie uns auch auf Facebook, Instagram und Twitter!

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