Zwischen Klimawandel und Denkmalschutz
Auf dem Potsdamer Telegrafenberg erforschen renommierte Wissenschaftler die weltweiten Klimafolgen. Sie berechnen Szenarien, die die Politik fast aller Staaten beeinflussen. Eine Vorzeigestadt beim Klimaschutz will Potsdam deshalb aber nicht sein.
"Also da muss man ganz deutlich sagen: Potsdam kann die Welt nicht retten."
Klaus-Peter Linke lehnt sich in seinem Bürostuhl zurück. Er leitet die Koordinierungsstelle für Klimaschutz der Stadt Potsdam. Zusammen mit seiner Mitarbeiterin arbeitet er in einem kleinen verwinkelten Verwaltungsgebäude. Es riecht nach altem Linoleum und ein wenig Schimmel. Von seinem Schreibtisch aus, bereitet der 59-jährige Verwaltungsfachmann die Stadt auf das künftige Klima vor.
"Es wird trockener. Wir erwarten mehr Extremwetter, Extremereignisse, Starkwetter, im Winter wird es unter Umständen mehr regnen. Die Windereignisse werden zunehmen. Wobei wir in Potsdam natürlich auch Glück haben."
Potsdam hat sogar doppeltes Glück: Einerseits genießt die Stadt zwischen Seen, Wäldern und Parks ein ausgeglichenes Mikro-Klima, andererseits hat sie bereits vor zwanzig Jahren einen Riesenschritt in Richtung Klimaschutz getan. An der Wand in Klaus-Peter Linkes Büro hängt eine Urkunde aus dem Jahr 1995. Damals ist die Stadt Potsdam dem europäischen Klimabündnis beigetreten, ein Zusammenschluss von Städten und Gemeinden, als Partnerschaft mit indigenen Völkern am Amazonas. Getragen von der Sorge um das Weltklima hat sich Potsdam damals verpflichtet, den CO2 Ausstoß jedes Jahr um 10 Prozent zu senken, bis spätestens 2030 jedoch um 50 Prozent.
Kein besonders riskantes Versprechen, denn zwei Jahre vorher, also 1993, hatten die Stadtverordneten bereits beschlossen, das städtische Braunkohlekraftwerk als größte CO2-Schleuder durch ein modernes Heizkraftwerk zu ersetzen. Damals eher aus Gründen der Luftreinhaltung, erzählt Klaus-Peter Linke.
"Also, die Umstellung der Energieversorgung hatte bei den Politikern mit dem Wort Klimaschutz eher nicht so viel zu tun. Weil wenn Sie 93 durch Potsdam gingen, dann haben Sie ganz genau gespürt, wie die Energieversorgung in Potsdam war. Das konnten Sie riechen. Vor allem an so muschlig kalten Wintertagen. Auf Deutsch ausgedrückt: es stank!"
Die Braunkohlearbeiter aus der Lausitz protestierten damals heftig, blockierten die Potsdamer Rathaustür - aus Sorge um ihre Arbeitsplätze.
Klaus-Peter Linke lehnt sich in seinem Bürostuhl zurück. Er leitet die Koordinierungsstelle für Klimaschutz der Stadt Potsdam. Zusammen mit seiner Mitarbeiterin arbeitet er in einem kleinen verwinkelten Verwaltungsgebäude. Es riecht nach altem Linoleum und ein wenig Schimmel. Von seinem Schreibtisch aus, bereitet der 59-jährige Verwaltungsfachmann die Stadt auf das künftige Klima vor.
"Es wird trockener. Wir erwarten mehr Extremwetter, Extremereignisse, Starkwetter, im Winter wird es unter Umständen mehr regnen. Die Windereignisse werden zunehmen. Wobei wir in Potsdam natürlich auch Glück haben."
Potsdam hat sogar doppeltes Glück: Einerseits genießt die Stadt zwischen Seen, Wäldern und Parks ein ausgeglichenes Mikro-Klima, andererseits hat sie bereits vor zwanzig Jahren einen Riesenschritt in Richtung Klimaschutz getan. An der Wand in Klaus-Peter Linkes Büro hängt eine Urkunde aus dem Jahr 1995. Damals ist die Stadt Potsdam dem europäischen Klimabündnis beigetreten, ein Zusammenschluss von Städten und Gemeinden, als Partnerschaft mit indigenen Völkern am Amazonas. Getragen von der Sorge um das Weltklima hat sich Potsdam damals verpflichtet, den CO2 Ausstoß jedes Jahr um 10 Prozent zu senken, bis spätestens 2030 jedoch um 50 Prozent.
Kein besonders riskantes Versprechen, denn zwei Jahre vorher, also 1993, hatten die Stadtverordneten bereits beschlossen, das städtische Braunkohlekraftwerk als größte CO2-Schleuder durch ein modernes Heizkraftwerk zu ersetzen. Damals eher aus Gründen der Luftreinhaltung, erzählt Klaus-Peter Linke.
"Also, die Umstellung der Energieversorgung hatte bei den Politikern mit dem Wort Klimaschutz eher nicht so viel zu tun. Weil wenn Sie 93 durch Potsdam gingen, dann haben Sie ganz genau gespürt, wie die Energieversorgung in Potsdam war. Das konnten Sie riechen. Vor allem an so muschlig kalten Wintertagen. Auf Deutsch ausgedrückt: es stank!"
Die Braunkohlearbeiter aus der Lausitz protestierten damals heftig, blockierten die Potsdamer Rathaustür - aus Sorge um ihre Arbeitsplätze.
Neues Heizkraftwerk hat CO2-Ausstoß pro Einwohner halbiert
Aber die Stadt blieb hart. Statt Braunkohle verbrennt das neue Heizkraftwerk seitdem Erdgas, die Dampfturbinen liefern 90 Prozent des Strom- und 95 Prozent des Fernwärmebedarfs Potsdams. Und das mit deutlich weniger CO2-Ausstoß.
"Und wenn Sie sich unsere Klimabilanz anschauen, werden Sie sehen, seit dem Zeitpunkt, dass das senkrecht nach unten geht. Wir haben 1 Million Tonnen dadurch gespart."
Durch das neue Heizkraftwerk ist der CO2-Ausstoß pro Einwohner von 12 Tonnen pro Jahr auf 5,8 Tonnen gesunken. Potsdam hat damit die Klimaschutzvorgaben des Bundes und der EU übererfüllt. Rund 6 Tonnen pro Kopf - im deutschlandweiten Vergleich ist das ein relativ guter Wert. Klaus-Peter Linke könnte sich in seinem Büro ausruhen, wenn nicht auf dem Telegrafenberg, dem Hügel jenseits der Havel, das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung stets neue Szenarien und Zahlen in die Welt hinausschicken würde.
Um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, dürfte jeder Mensch auf der Welt, also auch ein Potsdamer, nur noch zwei Tonnen CO2 pro Jahr produzieren. Eine Herkulesaufgabe. Für den Leiter der Potsdamer Koordinierungsstelle für Klimaschutz ein paar Nummern zu groß.
"Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung beschäftigt sich sozusagen mit den globalen Auswirkungen des Klimawandels. Weltweit werden 33 Milliarden Tonnen emittiert. Deutschlandweit 823 Millionen, Potsdam lokal so ungefähr 800.000. Mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger. Und jedes Jahr kommen 800 Millionen Tonnen CO2 dazu weltweit. Also. Potsdam kann die Welt nicht retten, aber wir können bisschen Vorbild sein."
Fast 400.000 Touristen kommen jedes Jahr nach Potsdam, besichtigen das Schloss Sanssouci, oder machen eine Havel-Rundfahrt mit der weißen Flotte. Nur wenige Besucher finden den Weg hinauf auf den Telegrafenberg, mit 94 Metern die höchste Erhebung Potsdams. Auf der Spitze steht ein 6 Meter hoher Mast mit drei beweglichen Flügelpaaren aus Holz. Ein optischer Signalgeber. Vor 180 Jahren ließ Friedrich Wilhelm der Dritte 62 solcher Masten errichten, um Nachrichten ins Rheinland zu schicken. Diesem Telegrafenmast verdankt der Berg seinen Namen, aber seine Bedeutung erlangte er durch die wissenschaftlichen Institute, die hier seit über hundert Jahren forschen. Nach Wissen, das die Welt umkrempeln kann, sagt Friedrich Wilhelm Gerstengarbe:
"Alle großen Umwälzungen, auch gesellschaftlicher Art, kommen eigentlich aus den Wissenschaften. Der Kopernikus hat die Sonne in die Mitte gestellt. Das ganze Feudalsystem ist danach zusammengebrochen. Ja, da stimmte nichts mehr. Und solche Umwälzungen hat man dann auch mit der Relativitätstheorie. Das setzt ein völlig anderes Denken ein."
Friedrich Wilhelm Gerstengarbe arbeitet am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, kurz PIK. Neben dem Geoforschungszentrum und dem Alfred-Wegener Institut für Polar-und Meeresforschung ist das PIK mit 22 Jahren das jüngste Institut auf dem Telegrafenberg. Die zentrale Erkenntnis – der Mensch verändert das Klima – hat bereits für weltweite Debatten gesorgt.
"Und wenn Sie sich unsere Klimabilanz anschauen, werden Sie sehen, seit dem Zeitpunkt, dass das senkrecht nach unten geht. Wir haben 1 Million Tonnen dadurch gespart."
Durch das neue Heizkraftwerk ist der CO2-Ausstoß pro Einwohner von 12 Tonnen pro Jahr auf 5,8 Tonnen gesunken. Potsdam hat damit die Klimaschutzvorgaben des Bundes und der EU übererfüllt. Rund 6 Tonnen pro Kopf - im deutschlandweiten Vergleich ist das ein relativ guter Wert. Klaus-Peter Linke könnte sich in seinem Büro ausruhen, wenn nicht auf dem Telegrafenberg, dem Hügel jenseits der Havel, das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung stets neue Szenarien und Zahlen in die Welt hinausschicken würde.
Um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, dürfte jeder Mensch auf der Welt, also auch ein Potsdamer, nur noch zwei Tonnen CO2 pro Jahr produzieren. Eine Herkulesaufgabe. Für den Leiter der Potsdamer Koordinierungsstelle für Klimaschutz ein paar Nummern zu groß.
"Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung beschäftigt sich sozusagen mit den globalen Auswirkungen des Klimawandels. Weltweit werden 33 Milliarden Tonnen emittiert. Deutschlandweit 823 Millionen, Potsdam lokal so ungefähr 800.000. Mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger. Und jedes Jahr kommen 800 Millionen Tonnen CO2 dazu weltweit. Also. Potsdam kann die Welt nicht retten, aber wir können bisschen Vorbild sein."
Fast 400.000 Touristen kommen jedes Jahr nach Potsdam, besichtigen das Schloss Sanssouci, oder machen eine Havel-Rundfahrt mit der weißen Flotte. Nur wenige Besucher finden den Weg hinauf auf den Telegrafenberg, mit 94 Metern die höchste Erhebung Potsdams. Auf der Spitze steht ein 6 Meter hoher Mast mit drei beweglichen Flügelpaaren aus Holz. Ein optischer Signalgeber. Vor 180 Jahren ließ Friedrich Wilhelm der Dritte 62 solcher Masten errichten, um Nachrichten ins Rheinland zu schicken. Diesem Telegrafenmast verdankt der Berg seinen Namen, aber seine Bedeutung erlangte er durch die wissenschaftlichen Institute, die hier seit über hundert Jahren forschen. Nach Wissen, das die Welt umkrempeln kann, sagt Friedrich Wilhelm Gerstengarbe:
"Alle großen Umwälzungen, auch gesellschaftlicher Art, kommen eigentlich aus den Wissenschaften. Der Kopernikus hat die Sonne in die Mitte gestellt. Das ganze Feudalsystem ist danach zusammengebrochen. Ja, da stimmte nichts mehr. Und solche Umwälzungen hat man dann auch mit der Relativitätstheorie. Das setzt ein völlig anderes Denken ein."
Friedrich Wilhelm Gerstengarbe arbeitet am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, kurz PIK. Neben dem Geoforschungszentrum und dem Alfred-Wegener Institut für Polar-und Meeresforschung ist das PIK mit 22 Jahren das jüngste Institut auf dem Telegrafenberg. Die zentrale Erkenntnis – der Mensch verändert das Klima – hat bereits für weltweite Debatten gesorgt.
"In Potsdam kann jeder nach seiner Fasson forschen"
Vom Telegrafenberg aus werfen die Forscher ein virtuelles Gitternetz über den Erdball, bilden an den Knotenpunkten Mittelwerte für die Temperatur und lassen von Hochleistungscomputern das künftige Klima berechnen. So entstehen ganz vereinfacht gesagt, hochkomplexe Prognosen. Die erlauben einen ganz neuen Blick auf das menschliche Wirken, sagt Friedrich Wilhelm Gerstengarbe.
"Das ist ja quasi von null auf 100. Das gab´s ja vorher gar nicht, dass man sich um die Klimafolgen gekümmert hätte, in dieser Form. Und das haben wir natürlich unter anderem auch unseren Direktor zu verdanken, der eine Eigenschaft hat die ich immer toll finde. Er lässt die Leute machen. Jetzt sag ich auch mal mit Friedrich der Große: Jeder kann nach seiner Fasson forschen. Und das erhöht natürlich die Innovation enorm."
Der Direktor des PIK ist Hans Joachim Schellnhuber. Der 63-jährige Erdsystemanalytiker berät die Bundeskanzlerin und die EU-Kommission. Er ist Mitglied im Klima-Ausschuss der Deutschen Bank und des UN-Klimarates. Und als erster Wissenschaftler überhaupt durfte er vor dem UN-Sicherheitsrat sprechen.
Ende Mai dieses Jahres hat das PIK mehr als 300 Wissenschaftler aus 40 Ländern zur Konferenz "world impact" nach Potsdam eingeladen. Es geht um die Kosten der Erderwärmung und die Verlässlichkeit der Prognosen. Schellnhuber sitzt lässig in einem Sessel auf dem Podium. Er trägt einen hellen Anzug mit Weste, die Beine hat er übereinander geschlagen. Er spricht langsam, wie ein Mann, der weiß, dass seine Worte Gewicht haben. Die Erderwärmung sei eine der größten Herausforderungen der modernen Wissenschaft, sagt er. Ob Nutzpflanzen wie Mais, Reis oder Getreide im wärmeren Klima noch wachsen? Lauter existenzielle Fragen.
"Sie könnten sich fragen, ob die Städte an der Küste sicher sind vor künftigen Veränderungen und extremen Wetterlagen. Aber man könnte auch fragen, ob bestimmte Entwicklungsländer bei Erderwärmung stabil bleiben oder instabil werden. Das sind gewaltige Fragen."
Solche Fragen beschäftigen einflussreiche Gremien aus der ganzen Welt. Deren Vertreter sind aus Nairobi nach Potsdam gekommen vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen, oder aus Brüssel von der EU-Kommission. Rachel Kyte arbeitet in Washington. Sie ist die Vizepräsidentin der Abteilung für nachhaltige Entwicklung bei der Weltbank. In ihrer Rede bedankt sie sich bei Hans Joachim Schellnhuber für den jüngsten Bericht, den das PIK für die Weltbank erstellt hat. Eine Prognose aus Potsdam, die weltweit wahrgenommen wird, sagt Rachel Kyte:
"Dieser Bericht hat mehr Leute erreicht, als je ein Bericht zuvor, den Bänker veröffentlicht haben. Fast zweitausend Medien haben darüber berichtet, und in den nächsten beiden Wochen wurde er 40.000 mal zitiert. Und wenn man die neuen Medien einrechnet, hat der Bericht schätzungsweise mehr als eine Milliarde Menschen erreicht."
Der Bericht liefert ein erschreckendes Szenario für die Amazonas Region, Ostafrika und die Länder rund um das Mittelmeer. Und vor allem für die armen Menschen in ohnehin unterentwickelten Regionen. Als einzigen Weg aus dieser drohenden Krise fordert Hans Joachim Schellnhuber von den Industrieländern nicht weniger als "einen Bruch mit den vom Zeitalter fossiler Brennstoffe geprägten Mustern von Produktion und Konsum."
Auf dem Kongress geht es um die Folgen des Klimawandels für die dritte Welt, während draußen in Potsdam der CO2-Ausstoß wie üblich weitergeht: mit den alltäglichen Sünden der Wohlstandsgesellschaft. Mit dem Auto zum Einkaufscenter, weit transportierte T-Shirts aus Pakistan kaufen, noch eine Bockwurst essen. Individuelles Verhalten, auf das die Stadt kaum Einfluss hat.
"Das ist ja quasi von null auf 100. Das gab´s ja vorher gar nicht, dass man sich um die Klimafolgen gekümmert hätte, in dieser Form. Und das haben wir natürlich unter anderem auch unseren Direktor zu verdanken, der eine Eigenschaft hat die ich immer toll finde. Er lässt die Leute machen. Jetzt sag ich auch mal mit Friedrich der Große: Jeder kann nach seiner Fasson forschen. Und das erhöht natürlich die Innovation enorm."
Der Direktor des PIK ist Hans Joachim Schellnhuber. Der 63-jährige Erdsystemanalytiker berät die Bundeskanzlerin und die EU-Kommission. Er ist Mitglied im Klima-Ausschuss der Deutschen Bank und des UN-Klimarates. Und als erster Wissenschaftler überhaupt durfte er vor dem UN-Sicherheitsrat sprechen.
Ende Mai dieses Jahres hat das PIK mehr als 300 Wissenschaftler aus 40 Ländern zur Konferenz "world impact" nach Potsdam eingeladen. Es geht um die Kosten der Erderwärmung und die Verlässlichkeit der Prognosen. Schellnhuber sitzt lässig in einem Sessel auf dem Podium. Er trägt einen hellen Anzug mit Weste, die Beine hat er übereinander geschlagen. Er spricht langsam, wie ein Mann, der weiß, dass seine Worte Gewicht haben. Die Erderwärmung sei eine der größten Herausforderungen der modernen Wissenschaft, sagt er. Ob Nutzpflanzen wie Mais, Reis oder Getreide im wärmeren Klima noch wachsen? Lauter existenzielle Fragen.
"Sie könnten sich fragen, ob die Städte an der Küste sicher sind vor künftigen Veränderungen und extremen Wetterlagen. Aber man könnte auch fragen, ob bestimmte Entwicklungsländer bei Erderwärmung stabil bleiben oder instabil werden. Das sind gewaltige Fragen."
Solche Fragen beschäftigen einflussreiche Gremien aus der ganzen Welt. Deren Vertreter sind aus Nairobi nach Potsdam gekommen vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen, oder aus Brüssel von der EU-Kommission. Rachel Kyte arbeitet in Washington. Sie ist die Vizepräsidentin der Abteilung für nachhaltige Entwicklung bei der Weltbank. In ihrer Rede bedankt sie sich bei Hans Joachim Schellnhuber für den jüngsten Bericht, den das PIK für die Weltbank erstellt hat. Eine Prognose aus Potsdam, die weltweit wahrgenommen wird, sagt Rachel Kyte:
"Dieser Bericht hat mehr Leute erreicht, als je ein Bericht zuvor, den Bänker veröffentlicht haben. Fast zweitausend Medien haben darüber berichtet, und in den nächsten beiden Wochen wurde er 40.000 mal zitiert. Und wenn man die neuen Medien einrechnet, hat der Bericht schätzungsweise mehr als eine Milliarde Menschen erreicht."
Der Bericht liefert ein erschreckendes Szenario für die Amazonas Region, Ostafrika und die Länder rund um das Mittelmeer. Und vor allem für die armen Menschen in ohnehin unterentwickelten Regionen. Als einzigen Weg aus dieser drohenden Krise fordert Hans Joachim Schellnhuber von den Industrieländern nicht weniger als "einen Bruch mit den vom Zeitalter fossiler Brennstoffe geprägten Mustern von Produktion und Konsum."
Auf dem Kongress geht es um die Folgen des Klimawandels für die dritte Welt, während draußen in Potsdam der CO2-Ausstoß wie üblich weitergeht: mit den alltäglichen Sünden der Wohlstandsgesellschaft. Mit dem Auto zum Einkaufscenter, weit transportierte T-Shirts aus Pakistan kaufen, noch eine Bockwurst essen. Individuelles Verhalten, auf das die Stadt kaum Einfluss hat.
Manche Solaranlage kollidiert in Potsdam mit dem Denkmalschutz
Die Stadt Potsdam will dennoch weiter CO2 einsparen und hat sich dazu Partner ins Boot geholt. Wichtigstes Gremium ist der Potsdamer Klimarat. Darin sitzen neben der größten Wohnungsbaugenossenschaft, auch die Industrie- und Handelskammer, die Energie und Wasserversorgung und die Fraktionen der Stadtverordneten. Auch das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung hat einen Vertreter entsandt. Mit dessen Hilfe ist ein Klimakonzept entstanden, das von den Stadtverordneten als Leitlinie beschlossen wurde.
Kernziel: Bis 2020 weitere 20 Prozent CO2 einsparen. Die Stadtwerke, die schon 1996 Eine Million Tonnen CO2 vermieden haben, tragen wieder die Hauptlast.
Klaus-Peter Linke "Das sind so rund gerechnet also jetzt nicht auf 1000 Tonnen genau rund 190- 195.000 TonnenCO2, die reduziert werden sollen, und davon haben die Stadtwerke 155.000 Tonnen Anteil. Und da sehen Sie schon: Da spielt die Musik."
Die restlichen 50.000 Tonnen CO2, sagt Potsdams Klimaschutzkoordinator Klaus-Peter Linke, müssen in vielen kleinen Maßnahmen eingespart werden. Energetische Sanierung von Häusern, Schulen, Kitas und Turnhallen, Nutzung von alternativen Energiearten Erdwärme, Solarthermie und Photovoltaik. Die Stadt Potsdam hat eine Webseite eingerichtet, auf der sich Bürger informieren können, ob sich eine Solaranlage auf ihrem Dach lohnt und vor allem, ob es eine Chance gibt, dass das Amt für Denkmalschutz sie auch genehmigt. Da stößt der Klimaschutz an eine Grenze: Große Teile des Stadtgebiets sind UNESCO Weltkulturerbe. 12.000 Gebäude in Potsdam sind denkmalgeschützt.
"Grundsätzlich ist das natürlich ein Konfliktthema. Weil der Denkmalschutz macht eins nicht mit: Solare Energie auf straßenseitigen Dächern. Von Gebäuden die denkmalgeschützt sind. Wenn Sie durch Potsdam laufen, kann man das, glaube ich auch nachvollziehen und wir achten eigentlich immer darauf, dass das Stadtbild von Potsdam schon auch erhalten bleiben soll."
Zum Stadtbild gehört auch der Verkehr: Lange Auto-Schlangen schieben sich über die beiden Havelbrücken, zu den Einkaufszentren mit Parkdecks oder in die historische Innenstadt. Laut Bevölkerungs-Prognose wird Potsdam wachsen, und damit auch der Verkehr. Für Axel Dörrie eine Herausforderung:
"Das ist jetzt noch nicht gesagt, dass das alles mit dem Auto passieren muss. Und das ist unser Ziel, dass die Wege, die zusätzlich praktisch zurückgelegt werden, dann eben nicht mit dem Auto stattfinden, weil das KFZ-Verkehrssystem an der Belastungsgrenze ist."
Der Stadtplaner setzt auf wissenschaftliches Know How aus der Nachbarschaft und hat ein weiteres renommiertes Potsdamer Institut ins Boot geholt, Das Institut for advanced sustainability studies, kurz IASS, Spezialisten für Nachhaltigkeit.
"Die sind jetzt nicht die besseren Fachleute für das Thema Verkehr. Die sind die besseren Fachleute für das Thema Wirkungen die schädlichen Emissionen, die aus dem Verkehr entstehen. Und da geht's eher darum, dass man diese beiden Fachwissen Fachwelten zusammenbringen kann und das eben auch hier in konkretes praktisches Handeln umsetzen kann."
Insgesamt 90 Einzelmaßnahmen liegen in Axel Dörries Schublade. Öffentlicher Nahverkehr, Fahrradwege, Ampelschaltungen. Manchmal nur Kleinigkeiten, aber in der Kombination eventuell wirkungsvoll.
Kernziel: Bis 2020 weitere 20 Prozent CO2 einsparen. Die Stadtwerke, die schon 1996 Eine Million Tonnen CO2 vermieden haben, tragen wieder die Hauptlast.
Klaus-Peter Linke "Das sind so rund gerechnet also jetzt nicht auf 1000 Tonnen genau rund 190- 195.000 TonnenCO2, die reduziert werden sollen, und davon haben die Stadtwerke 155.000 Tonnen Anteil. Und da sehen Sie schon: Da spielt die Musik."
Die restlichen 50.000 Tonnen CO2, sagt Potsdams Klimaschutzkoordinator Klaus-Peter Linke, müssen in vielen kleinen Maßnahmen eingespart werden. Energetische Sanierung von Häusern, Schulen, Kitas und Turnhallen, Nutzung von alternativen Energiearten Erdwärme, Solarthermie und Photovoltaik. Die Stadt Potsdam hat eine Webseite eingerichtet, auf der sich Bürger informieren können, ob sich eine Solaranlage auf ihrem Dach lohnt und vor allem, ob es eine Chance gibt, dass das Amt für Denkmalschutz sie auch genehmigt. Da stößt der Klimaschutz an eine Grenze: Große Teile des Stadtgebiets sind UNESCO Weltkulturerbe. 12.000 Gebäude in Potsdam sind denkmalgeschützt.
"Grundsätzlich ist das natürlich ein Konfliktthema. Weil der Denkmalschutz macht eins nicht mit: Solare Energie auf straßenseitigen Dächern. Von Gebäuden die denkmalgeschützt sind. Wenn Sie durch Potsdam laufen, kann man das, glaube ich auch nachvollziehen und wir achten eigentlich immer darauf, dass das Stadtbild von Potsdam schon auch erhalten bleiben soll."
Zum Stadtbild gehört auch der Verkehr: Lange Auto-Schlangen schieben sich über die beiden Havelbrücken, zu den Einkaufszentren mit Parkdecks oder in die historische Innenstadt. Laut Bevölkerungs-Prognose wird Potsdam wachsen, und damit auch der Verkehr. Für Axel Dörrie eine Herausforderung:
"Das ist jetzt noch nicht gesagt, dass das alles mit dem Auto passieren muss. Und das ist unser Ziel, dass die Wege, die zusätzlich praktisch zurückgelegt werden, dann eben nicht mit dem Auto stattfinden, weil das KFZ-Verkehrssystem an der Belastungsgrenze ist."
Der Stadtplaner setzt auf wissenschaftliches Know How aus der Nachbarschaft und hat ein weiteres renommiertes Potsdamer Institut ins Boot geholt, Das Institut for advanced sustainability studies, kurz IASS, Spezialisten für Nachhaltigkeit.
"Die sind jetzt nicht die besseren Fachleute für das Thema Verkehr. Die sind die besseren Fachleute für das Thema Wirkungen die schädlichen Emissionen, die aus dem Verkehr entstehen. Und da geht's eher darum, dass man diese beiden Fachwissen Fachwelten zusammenbringen kann und das eben auch hier in konkretes praktisches Handeln umsetzen kann."
Insgesamt 90 Einzelmaßnahmen liegen in Axel Dörries Schublade. Öffentlicher Nahverkehr, Fahrradwege, Ampelschaltungen. Manchmal nur Kleinigkeiten, aber in der Kombination eventuell wirkungsvoll.
Potsdam will nicht Klimavorzeigestadt sein
Gut möglich, dass so ein Vorhaben auch scheitert, an mangelndem Geld oder aus alten Gewohnheiten. Trotz der beiden Klimaforschungsinstitute PIK und IASS in der Nachbarschaft wird Potsdam keine Vorzeigestadt in Sachen Klimaschutz werden. Will sie auch nicht, sagt Klaus-Peter Linke, der Koordinator für Klimaschutz:
"Uns hatte auch ein Professor neulich sehr deutlich gemacht. Klimaschutz-Stadt ist keine Marke, mit der man punkten kann. Deswegen kommt keiner nach Potsdam, um sich die 'Klimaschutzstadt' Potsdam anzuschauen. Weil im Stadtbild merkt man das ja nicht unmittelbar."
Dafür springen die Schlösser und Parks ins Auge, und auch die vielen anderen historischen Bauten. Das ist das touristische Pfund, mit dem Potsdam wuchert. Und auch der letzte große Neubau, der die Mitte Potsdams prägt, ist der Nachbau eines Schlosses. Ein architektonischer Rückgriff, in Sichtweite des Telegrafenbergs, auf dem die klimatische Zukunft berechnet wird.
"Uns hatte auch ein Professor neulich sehr deutlich gemacht. Klimaschutz-Stadt ist keine Marke, mit der man punkten kann. Deswegen kommt keiner nach Potsdam, um sich die 'Klimaschutzstadt' Potsdam anzuschauen. Weil im Stadtbild merkt man das ja nicht unmittelbar."
Dafür springen die Schlösser und Parks ins Auge, und auch die vielen anderen historischen Bauten. Das ist das touristische Pfund, mit dem Potsdam wuchert. Und auch der letzte große Neubau, der die Mitte Potsdams prägt, ist der Nachbau eines Schlosses. Ein architektonischer Rückgriff, in Sichtweite des Telegrafenbergs, auf dem die klimatische Zukunft berechnet wird.