Zwischen Lissabon und Luanda
José Eduardo Agualusa lebt in Lissabon und Luanda - Angola bietet ihm Stoff für seine Geschichten, Portugal den größeren Buchmarkt, politische Stabilität und Ruhe zum Schreiben. Sein Roman "Barroco Tropical" erscheint heute auf Deutsch.
"Hier ganz in der Nähe gibt es seit vielen Jahren ein paar afrikanische Restaurants."
Zügig geht José Eduardo Agualusa eine der steilen Treppen in der Lissabonner Altstadt nach oben.
"Das ist der Platz Sao Cristovao. Früher, so vor 20, 30 Jahren, waren in diesen Restaurants ausschließlich Kapverdianer. Aber durch die Musik sind die Kapverden inzwischen auch bei den Portugiesen in Mode gekommen, und die Afrikaner sind dadurch insgesamt viel stärker integriert."
José Eduardo Agualusa kennt die afrikanische Gemeinde in Lissabon gut. Der weiße Angolaner mit den schwarzen Haaren und dunkelbraunen Augen war in den 80er Jahren nach Portugal gekommen, um Agrarwissenschaften zu studieren. Doch schon bald entdeckte er eine andere Leidenschaft:
"Zusammen mit anderen afrikanischen Studenten, die auch unzufrieden mit dem waren, was man damals über Afrika schrieb, gründete ich eine Zeitschrift. Wir gaben ihr - nach einem kapverdianischen Lied - den Namen "Weiter Weg". Weil wir so wenige waren, schrieben wir unter verschiedenen Namen. Für mich war das eine gute literarische Übung."
Der Angolaner lächelt und lehnt sich zurück. Er erinnert sich, wie er damals Gedichte, Erzählungen und auch politische Kommentare unter den verschiedensten Pseudonymen geschrieben hat. Das Studium gerät immer mehr in den Hintergrund, bis er sich schließlich ganz auf das Schreiben konzentriert. Mit seinem ersten Buch "Die Verschwörung" gewinnt er 1989 in Portugal einen Literaturpreis. Da das Buch auch in Angola veröffentlicht werden soll, kehrt José Eduardo Agualusa nach vielen Jahren das erste Mal wieder in sein Heimatland zurück. Armut und die Folgen des langen Bürgerkrieges sind noch zu spüren. Dennoch ist er fasziniert.
"Vielleicht ist das so, weil man dort noch Abenteuer erleben kann – weil das Leben dort irgendwie intensiver ist. Aber es ist nicht einfach, in Angola zu leben. Es ist ein schwieriges Land. Im Gegensatz zu Europa, wo alles schon fertig ist, ist Angola mitten im Entstehen. Es herrscht eine Art freudiger Aufbruchstimmung, auch wenn es drum herum viel Leid gibt. Mich zieht das einfach mehr an."
Seitdem lebt er, wenn er nicht gerade auf einer seiner zahlreichen Lesereisen ist, in Luanda und Lissabon. Den inzwischen 50-Jährigen hält es selten lange an einem Ort. Doch wann immer es geht, ist er in Angola und taucht in den Alltag der Menschen ein. Er hält Augen und Ohren offen, um Ideen für seine Romane zu sammeln.
"Die Realität in unseren Ländern ist oft viel interessanter als die Fiktion. In Afrika schreibt das wahre Leben noch immer die besten Geschichten. Mit meinen Büchern möchte ich zeigen, wie die Wirklichkeit die Fantasie beeinflussen kann und gleichzeitig auch die Fantasie in die reale Welt eingreift."
Doch so fasziniert der Schriftsteller auch von Afrika ist, nach einer Weile kehrt er doch immer wieder gerne in sein zweites Zuhause am Rande von Europa zurück. Und das nicht nur wegen des größeren Buchmarkts.
"Lissabon ist für mich eine Art Veranda, von der aus ich nach Angola schauen kann und gleichzeitig gute Verbindungen zum Rest von Europa habe. Hier komme ich zur Ruhe und kann meine Gedanken ordnen. In Angola geht es oft so turbulent zu, dass ich den Überblick verliere. Dann ist es gut, das Ganze aus der Ferne neu zu betrachten und sich aufs Schreiben zu konzentrieren."
Und die räumliche Distanz hilft ihm auch, den kritischen Blick auf sein Heimatland nicht zu verlieren. Denn während Angolas Wirtschaft durch den Diamanten- und Ölreichtum regelrecht boomt, leiden noch immer viele Menschen Hunger. Und kritische Stimmen wie José Eduardo Agualusa bekommen die immer stärkeren politischen Repressionen zu spüren.
"Ich habe regelmäßig Kolumnen für zwei unabhängige Zeitungen in Angola geschrieben, aber die sind jetzt aufgekauft worden. Man weiß zwar nicht genau von wem, aber es ist klar, dass sie nun dem Regime viel näher stehen. Ich werde wohl erstmal nicht weiter für diese Zeitungen schreiben können."
Doch so leicht lässt sich José Eduardo Agualusa das Wort nicht verbieten. Gerade ist sein dritter Roman in deutscher Übersetzung erschienen. Mit "Barroco Tropical" wirft er einen Blick in die Zukunft Angolas und der Hauptstadt Luanda.
"Ich versuche mir vorzustellen, wohin die aktuelle Situation in Zukunft führen könnte. Das Buch porträtiert eine chaotische Stadt, die in der Gewalt versinkt, weil ihr Wachstum nicht von den Politikern gelenkt wurde. Es ist also eine Kritik an der Art der Entwicklung, für die sich das angolanische Regime entschieden hat."
Zügig geht José Eduardo Agualusa eine der steilen Treppen in der Lissabonner Altstadt nach oben.
"Das ist der Platz Sao Cristovao. Früher, so vor 20, 30 Jahren, waren in diesen Restaurants ausschließlich Kapverdianer. Aber durch die Musik sind die Kapverden inzwischen auch bei den Portugiesen in Mode gekommen, und die Afrikaner sind dadurch insgesamt viel stärker integriert."
José Eduardo Agualusa kennt die afrikanische Gemeinde in Lissabon gut. Der weiße Angolaner mit den schwarzen Haaren und dunkelbraunen Augen war in den 80er Jahren nach Portugal gekommen, um Agrarwissenschaften zu studieren. Doch schon bald entdeckte er eine andere Leidenschaft:
"Zusammen mit anderen afrikanischen Studenten, die auch unzufrieden mit dem waren, was man damals über Afrika schrieb, gründete ich eine Zeitschrift. Wir gaben ihr - nach einem kapverdianischen Lied - den Namen "Weiter Weg". Weil wir so wenige waren, schrieben wir unter verschiedenen Namen. Für mich war das eine gute literarische Übung."
Der Angolaner lächelt und lehnt sich zurück. Er erinnert sich, wie er damals Gedichte, Erzählungen und auch politische Kommentare unter den verschiedensten Pseudonymen geschrieben hat. Das Studium gerät immer mehr in den Hintergrund, bis er sich schließlich ganz auf das Schreiben konzentriert. Mit seinem ersten Buch "Die Verschwörung" gewinnt er 1989 in Portugal einen Literaturpreis. Da das Buch auch in Angola veröffentlicht werden soll, kehrt José Eduardo Agualusa nach vielen Jahren das erste Mal wieder in sein Heimatland zurück. Armut und die Folgen des langen Bürgerkrieges sind noch zu spüren. Dennoch ist er fasziniert.
"Vielleicht ist das so, weil man dort noch Abenteuer erleben kann – weil das Leben dort irgendwie intensiver ist. Aber es ist nicht einfach, in Angola zu leben. Es ist ein schwieriges Land. Im Gegensatz zu Europa, wo alles schon fertig ist, ist Angola mitten im Entstehen. Es herrscht eine Art freudiger Aufbruchstimmung, auch wenn es drum herum viel Leid gibt. Mich zieht das einfach mehr an."
Seitdem lebt er, wenn er nicht gerade auf einer seiner zahlreichen Lesereisen ist, in Luanda und Lissabon. Den inzwischen 50-Jährigen hält es selten lange an einem Ort. Doch wann immer es geht, ist er in Angola und taucht in den Alltag der Menschen ein. Er hält Augen und Ohren offen, um Ideen für seine Romane zu sammeln.
"Die Realität in unseren Ländern ist oft viel interessanter als die Fiktion. In Afrika schreibt das wahre Leben noch immer die besten Geschichten. Mit meinen Büchern möchte ich zeigen, wie die Wirklichkeit die Fantasie beeinflussen kann und gleichzeitig auch die Fantasie in die reale Welt eingreift."
Doch so fasziniert der Schriftsteller auch von Afrika ist, nach einer Weile kehrt er doch immer wieder gerne in sein zweites Zuhause am Rande von Europa zurück. Und das nicht nur wegen des größeren Buchmarkts.
"Lissabon ist für mich eine Art Veranda, von der aus ich nach Angola schauen kann und gleichzeitig gute Verbindungen zum Rest von Europa habe. Hier komme ich zur Ruhe und kann meine Gedanken ordnen. In Angola geht es oft so turbulent zu, dass ich den Überblick verliere. Dann ist es gut, das Ganze aus der Ferne neu zu betrachten und sich aufs Schreiben zu konzentrieren."
Und die räumliche Distanz hilft ihm auch, den kritischen Blick auf sein Heimatland nicht zu verlieren. Denn während Angolas Wirtschaft durch den Diamanten- und Ölreichtum regelrecht boomt, leiden noch immer viele Menschen Hunger. Und kritische Stimmen wie José Eduardo Agualusa bekommen die immer stärkeren politischen Repressionen zu spüren.
"Ich habe regelmäßig Kolumnen für zwei unabhängige Zeitungen in Angola geschrieben, aber die sind jetzt aufgekauft worden. Man weiß zwar nicht genau von wem, aber es ist klar, dass sie nun dem Regime viel näher stehen. Ich werde wohl erstmal nicht weiter für diese Zeitungen schreiben können."
Doch so leicht lässt sich José Eduardo Agualusa das Wort nicht verbieten. Gerade ist sein dritter Roman in deutscher Übersetzung erschienen. Mit "Barroco Tropical" wirft er einen Blick in die Zukunft Angolas und der Hauptstadt Luanda.
"Ich versuche mir vorzustellen, wohin die aktuelle Situation in Zukunft führen könnte. Das Buch porträtiert eine chaotische Stadt, die in der Gewalt versinkt, weil ihr Wachstum nicht von den Politikern gelenkt wurde. Es ist also eine Kritik an der Art der Entwicklung, für die sich das angolanische Regime entschieden hat."