Kinder erziehen heute

Zwischen Ratgeberflut und Bauchgefühl

84:45 Minuten
Illustration: Eine Gruppe Kinder steht auf einem Floß aus einem Buch. Eine große Erwachsenenhand tippt es an.
Kinder auf dem Weg des Heranwachsens: Der Familientherapeut Oliver Fina und Erzeihungsratgeber-Autorin Nicola Schmidt reflektieren die Rollenbilder in Familien. © Getty Images / iStockphoto
Moderation: Katrin Heise |
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In Erziehungsfragen bekommen Eltern jede Menge gut gemeinter Ratschläge. Es gibt unzählige Ratgeber und Blogs für Kinder im Babyalter bis zur Pubertät. Werdende Eltern sehen sich mit verschiedensten Methoden konfrontiert. Wie kann Erziehung gelingen?
Kinder zu erziehen, ist eine große Aufgabe. Sie will täglich neu bewältigt werden, ob in den ersten Jahren oder in der Pubertät. Und immer wieder stellen sich ähnliche Fragen: Wie finden wir als Eltern das richtige Maß zwischen Behüten und Grenzen setzen, zwischen Konsequenz und Loslassen? Wie können wir unsere Kinder auf ihrem Weg ins Leben begleiten? Und wie können wir die Bedürfnisse der Kinder berücksichtigen, ohne uns selbst dabei aufzureiben?

„Es gibt eine Unsicherheit, die eigene Rolle zu finden“

„Was ich momentan sehe, ist eine hohe Verunsicherung, Kindern Regeln zu geben und auch Grenzen“, sagt Oliver Fina, Familientherapeut bei der Immanuel Beratung im Berliner Bezirk Pankow. „Viele Eltern haben das Gefühl, dass sie damit die Entwicklung der Kinder beeinträchtigen. Dabei können Regeln auch Sicherheit geben.“
Erziehung habe sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert, so der Sozialpädagoge: „Eine große Veränderung liegt darin, dass Eltern heute ihre Kinder auf Augenhöhe heben und sie damit aber auch in eine Überforderung bringen und ihnen Entscheidungen abverlangen, die eigentlich auf die Erwachsenen-Ebene gehören.“
Seine Beobachtung: „Es gibt eine Unsicherheit, die eigene Rolle zu finden.“ Besonders seitens der Väter. „Wenn ich so ein cooler Vater bin, wie kann ich der Erzieher sein? Und wenn sie Erzieher sind, sehen sie ihren eigenen Vater vor Augen.“
Mütter setzten sich per se mehr mit ihrer Rolle auseinander: „Mütter lesen mehr Ratgeber und hören auch mehr Podcasts.“ Sie neigten aber auch mehr zum „Überkompensieren und Übermuttern – und daran arbeiten wir dann.“

„Nachsichtige Eltern haben kooperative Kinder“

„Versuch' nicht, perfekt zu sein. Niemand verlangt Perfektion, es reicht, wenn wir unser Bestes geben“, lautet einer der Ratschläge von Nicola Schmidt in ihrem Buch „Der Elternkompass“. Die Wissenschaftsjournalistin ist eine der bekanntesten Autorinnen von Erziehungsratgebern in Deutschland.
Kinder großzuziehen sei der „wichtigste, nachhaltigste Job der Welt“, so die zweifache Mutter. Eltern benötigten dafür aber einen inneren Kompass, um zu wissen, wie sie ihr Kind durchs Leben begleiten wollen. In ihrem „Artgerecht“-Projekt bietet Nicola Schmidt dazu auch Seminare und Fortbildungen für Fachkräfte an.

Ihre Erfahrung: „Nachsichtige Eltern haben kooperative Kinder.“ Auch, wenn es mitunter schwerfalle: Schimpfen und meckern bringe nichts. „Wir sehen immer wieder, dass Kinder, mit denen geschimpft wird, beziehungsweise die eine Strafe erwarten, nicht ihr negatives Verhalten einstellen, sondern lernen, über dieses negative Verhalten zu lügen.“
Ja, Regeln sollten möglichst eingehalten werden, sagt Schmidt, aber: „Ist das Kind in einer schlechten Verfassung, lassen wir auch mal fünfe gerade sein und essen den Nachtisch zuerst.“
Ihr Rat an Eltern: „Führe – du hast die Erfahrung, erlaub‘ dir, voranzugehen. Aber erlaub‘ dir auch, Stück für Stück die Führung abzugeben, wenn die Kinder größer werden.“

Kinder erziehen heute: Zwischen Ratgeberflut und Bauchgefühl
Darüber diskutiert Katrin Heise am 30. April von 9 bis 11 Uhr mit dem Familientherapeuten Oliver Fina und der Ratgeber-Autorin Nicola Schmidt. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.

(sus)

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