Zwischen Straußenzucht und Modenschau
Fred Wenzlaff hat eine erstaunliche Karriere absolviert. Nach der Wende war er Fahrlehrer. Dann wurde er Straußenzüchter, Betreiber einer Casting-Agentur - und Modeschöpfer mit einer Vorliebe für exotische Ledersorten.
"Sie kann lachen. Ja, Ja."
Das Fotomodell lässt sich vom trüben Wetter nicht die Laune verderben. Die junge Frau wandert beschwingt durch den Stadtpark, während der Fotograf die Kamera auslöst. Sie trägt eine Weste und einen Gürtel aus Straußenleder vom Modelabel Fredini. Die Firma von Fred Wenzlaff, der hier seine neue Kollektion fotografieren lässt:
"Soll se auflassen?"
"Nee zumachen!"
"Ok, ok ... "
Fred Wenzlaff, in Lederjacke und Jeans, ist ein jugendlich wirkender Typ, dem man seine 53 Jahre nicht ansieht. Mit seinem Schnäuzer und den hellen Augen ähnelt er ein wenig dem Schlagersänger Frank Zander:
Kurze Zeit später steht er in einem Stall der brandenburgischen Kleinstadt Seelow und hält ein Grasbüschel in der Hand. Vor ihm recken sich drei lange Hälse in die Höhe, auf denen jeweils ein schmaler Vogelkopf mit großen Kulleraugen sitzt:
"Jetzt wissen se, dass sie jetzt was kriegen. So."
Mit schlangenartigen Bewegungen schnappen die Strauße zu:
"Hier kann man sehen, wat die für Zähne die haben. Die haben nämlich keine Zähne, haben nichts. Geräusche machen die jetzt nicht, nur der Hahn. Einmal am Tag kriegt der einen dicken Hals und denn so fünf Mal bringt der'n Ton raus. Ansonsten: Die Henne macht gar nichts, nur der Hahn."
Fred Wenzlaff ist nicht nur Modeschöpfer, sondern auch Straußenzüchter. Er stammt aus einem kleinen Dorf in Ostbrandenburg. Heute lebt mit seiner Frau und zwei erwachsenen Töchtern in einem Einfamilienhaus in Seelow, gleich gegenüber der Farm.
Auf dem Wohnzimmerschrank steht ein ausgestopftes Straußenküken, rund 50 Zentimeter groß, daneben afrikanische Schnitzereien. Hinter Glas hängen Postkarten mit Autogrammen von Fotomodellen.
Zu DDR-Zeiten war Fred Wenzlaff Heizungsinstallateur. Darauf möchte er heute nicht mehr angesprochen werden:
""Das kommt ooch schlecht rüber. Manch einer denkt, der ist bis gestern Heizungsmonteur gewesen und jetzt ist er Modeschöpfer. Das stimmt ja alles gar nicht. Was damals war, war damals. Was jetzt ist, ist jetzt."
Lieber spricht er über sein eigenes Unternehmen, das er nach der Wiedervereinigung aufbaut. Als einer der ersten in den neuen Bundesländern sichert er sich eine gesamtdeutsche Lizenz als Fahrlehrer und baut eine Kette von Fahrschulen auf. In seinen besten Zeiten führt er neun Filialen. Bis Mitte der 90er Jahre das Geschäft abflaut:
"Da hat ja jeder gedacht, er kann mit 'ner Fahrschule das große Geld machen. Und hier will ja jeder mit Billigangeboten einsteigen. Ja, und dann war das alles natürlich nicht mehr so interessant gewesen."
Statt zu resignieren, begibt sich Fred Wenzlaff auf die Suche nach einer neuen Geschäftsidee. Ein Bekannter bringt ihn auf die Straußenzucht, die in Deutschland in den Kinderschuhen steckt. Wichtigste Voraussetzung sind große Landflächen. Davon gibt es in Brandenburg reichlich. Mit Unterstützung des Goethe-Instituts macht Fred Wenzlaff in Südafrika eine Ausbildung zum Straußenzüchter. Zunächst lernt er, wie man die Laufvögel einfängt:
"Da nimmt man wat Grünes in die Hand rein, dann schnappt der zu und dann hat man den am Schnabel. Dann hat man ne Mütze so in dem Sinne, die zieht man ihm übern Kopf. Vorne der Schnabel muss aber frei sein, dass er atmen kann vernünftig. So, und wenn der im Dunkeln steht, denn ist Feierabend. Dann steht der, und dann kann man mit ihm hinlaufen, wo man möchte."
Zurück in Seelow, baut Fred Wenzlaff seine eigene Zucht auf - als erster in den neuen Bundesländern. Er sucht Abnehmer für das Fleisch, die Eier, die Federn. Das Straußenleder ist außergewöhnlich; es hat Noppen dort, wo die Federn sitzen.
Wenzlaff sucht sich einen Kürschner und beginnt, unter dem Namen Fredini selbst Lederwaren zu entwerfen: Geldbörsen, Handtaschen, Lederjacken. Eine dieser Jacken trägt er selbst. Die Noppen auf den Schultern erinnern an Nieten, wie sie Motorradfahrer gerne tragen. Biker sind eine wichtige Zielgruppe:
"... 'n Handschuh aus naturgegerbtem Leder. Hier Ziege innen, außen Strauß. Nur Fußleder. Die Kralle ist hier oben noch dranne. Haben wir für Harleyfahrer denn gemacht. Mit dieser einen Kralle."
Wenzlaff zieht alle Register des Marketings. Er vertreibt seine Produkte im Internet und wirbt in Kochshows für Straußenfleisch. Er lernt den Fernsehkoch Alfons Schubeck kennen. Er reist nach Kitzbühl und trifft Prominente wie Franz Beckenbauer und Hansi Hinterseer. 2011 wird er eingeladen, seine Modekollektion auf der Fashion Week in Berlin zu präsentieren. Wie ist er an diese Kreise rangekommen?
"Das ist keen Rankommen. Wir haben mit so'n exklusives Produkt einfach mal die Möglichkeit oder werden eingeladen oder beliefern den einen oder anderen und dann ist man automatisch mit bei, ohne dass man sich dort bewirbt. Für uns ist das schon Alltag."
Fred Wenzlaff tut so, als sei der Spagat zwischen Straußenzucht und Modenschau völlig normal; ein weiterer Geschäftszweig halt. Und weil's zu seiner Modefirma passt, hat er gleich noch eine Casting-Agentur gegründet. Neun Künstler hat er schon unter Vertrag - vom Fotomodell bis zur Marius Müller Westernhagen-Coverband.
Das Fotomodell lässt sich vom trüben Wetter nicht die Laune verderben. Die junge Frau wandert beschwingt durch den Stadtpark, während der Fotograf die Kamera auslöst. Sie trägt eine Weste und einen Gürtel aus Straußenleder vom Modelabel Fredini. Die Firma von Fred Wenzlaff, der hier seine neue Kollektion fotografieren lässt:
"Soll se auflassen?"
"Nee zumachen!"
"Ok, ok ... "
Fred Wenzlaff, in Lederjacke und Jeans, ist ein jugendlich wirkender Typ, dem man seine 53 Jahre nicht ansieht. Mit seinem Schnäuzer und den hellen Augen ähnelt er ein wenig dem Schlagersänger Frank Zander:
Kurze Zeit später steht er in einem Stall der brandenburgischen Kleinstadt Seelow und hält ein Grasbüschel in der Hand. Vor ihm recken sich drei lange Hälse in die Höhe, auf denen jeweils ein schmaler Vogelkopf mit großen Kulleraugen sitzt:
"Jetzt wissen se, dass sie jetzt was kriegen. So."
Mit schlangenartigen Bewegungen schnappen die Strauße zu:
"Hier kann man sehen, wat die für Zähne die haben. Die haben nämlich keine Zähne, haben nichts. Geräusche machen die jetzt nicht, nur der Hahn. Einmal am Tag kriegt der einen dicken Hals und denn so fünf Mal bringt der'n Ton raus. Ansonsten: Die Henne macht gar nichts, nur der Hahn."
Fred Wenzlaff ist nicht nur Modeschöpfer, sondern auch Straußenzüchter. Er stammt aus einem kleinen Dorf in Ostbrandenburg. Heute lebt mit seiner Frau und zwei erwachsenen Töchtern in einem Einfamilienhaus in Seelow, gleich gegenüber der Farm.
Auf dem Wohnzimmerschrank steht ein ausgestopftes Straußenküken, rund 50 Zentimeter groß, daneben afrikanische Schnitzereien. Hinter Glas hängen Postkarten mit Autogrammen von Fotomodellen.
Zu DDR-Zeiten war Fred Wenzlaff Heizungsinstallateur. Darauf möchte er heute nicht mehr angesprochen werden:
""Das kommt ooch schlecht rüber. Manch einer denkt, der ist bis gestern Heizungsmonteur gewesen und jetzt ist er Modeschöpfer. Das stimmt ja alles gar nicht. Was damals war, war damals. Was jetzt ist, ist jetzt."
Lieber spricht er über sein eigenes Unternehmen, das er nach der Wiedervereinigung aufbaut. Als einer der ersten in den neuen Bundesländern sichert er sich eine gesamtdeutsche Lizenz als Fahrlehrer und baut eine Kette von Fahrschulen auf. In seinen besten Zeiten führt er neun Filialen. Bis Mitte der 90er Jahre das Geschäft abflaut:
"Da hat ja jeder gedacht, er kann mit 'ner Fahrschule das große Geld machen. Und hier will ja jeder mit Billigangeboten einsteigen. Ja, und dann war das alles natürlich nicht mehr so interessant gewesen."
Statt zu resignieren, begibt sich Fred Wenzlaff auf die Suche nach einer neuen Geschäftsidee. Ein Bekannter bringt ihn auf die Straußenzucht, die in Deutschland in den Kinderschuhen steckt. Wichtigste Voraussetzung sind große Landflächen. Davon gibt es in Brandenburg reichlich. Mit Unterstützung des Goethe-Instituts macht Fred Wenzlaff in Südafrika eine Ausbildung zum Straußenzüchter. Zunächst lernt er, wie man die Laufvögel einfängt:
"Da nimmt man wat Grünes in die Hand rein, dann schnappt der zu und dann hat man den am Schnabel. Dann hat man ne Mütze so in dem Sinne, die zieht man ihm übern Kopf. Vorne der Schnabel muss aber frei sein, dass er atmen kann vernünftig. So, und wenn der im Dunkeln steht, denn ist Feierabend. Dann steht der, und dann kann man mit ihm hinlaufen, wo man möchte."
Zurück in Seelow, baut Fred Wenzlaff seine eigene Zucht auf - als erster in den neuen Bundesländern. Er sucht Abnehmer für das Fleisch, die Eier, die Federn. Das Straußenleder ist außergewöhnlich; es hat Noppen dort, wo die Federn sitzen.
Wenzlaff sucht sich einen Kürschner und beginnt, unter dem Namen Fredini selbst Lederwaren zu entwerfen: Geldbörsen, Handtaschen, Lederjacken. Eine dieser Jacken trägt er selbst. Die Noppen auf den Schultern erinnern an Nieten, wie sie Motorradfahrer gerne tragen. Biker sind eine wichtige Zielgruppe:
"... 'n Handschuh aus naturgegerbtem Leder. Hier Ziege innen, außen Strauß. Nur Fußleder. Die Kralle ist hier oben noch dranne. Haben wir für Harleyfahrer denn gemacht. Mit dieser einen Kralle."
Wenzlaff zieht alle Register des Marketings. Er vertreibt seine Produkte im Internet und wirbt in Kochshows für Straußenfleisch. Er lernt den Fernsehkoch Alfons Schubeck kennen. Er reist nach Kitzbühl und trifft Prominente wie Franz Beckenbauer und Hansi Hinterseer. 2011 wird er eingeladen, seine Modekollektion auf der Fashion Week in Berlin zu präsentieren. Wie ist er an diese Kreise rangekommen?
"Das ist keen Rankommen. Wir haben mit so'n exklusives Produkt einfach mal die Möglichkeit oder werden eingeladen oder beliefern den einen oder anderen und dann ist man automatisch mit bei, ohne dass man sich dort bewirbt. Für uns ist das schon Alltag."
Fred Wenzlaff tut so, als sei der Spagat zwischen Straußenzucht und Modenschau völlig normal; ein weiterer Geschäftszweig halt. Und weil's zu seiner Modefirma passt, hat er gleich noch eine Casting-Agentur gegründet. Neun Künstler hat er schon unter Vertrag - vom Fotomodell bis zur Marius Müller Westernhagen-Coverband.