Zwischen "Zauberflöte" und Requiem

Als Kaiser Leopold II. auch König von Böhmen werden sollte, beschlossen die dort ansässigen Stände, ihm mit einer Festoper zu huldigen. Im Juli 1791 wandten sie sich an den Impresario des Prager Nationaltheaters mit der Bitte, einen "cellebre Maestro" für diese Aufgabe zu gewinnen. Da kam nur der "berühmte Meister" Mozart aus Wien in Frage.
Mozart war im Juli 1791 (er starb am 5.12. desselben Jahres) parallel mit der Komposition der "Zauberflöte" und des Requiems beschäftigt. Nun also noch eine höfische Oper! Das Libretto für die Huldigungsoper sollte der gerade zum Hofpoeten ernannte Caterino Tommaso Mazzolà schreiben.

Da nur noch knapp zwei Monate bis zur Uraufführung blieben, griff man auf den bereits mehrfach vertonten Text von Metastasio zu "La clemenza di Tito" zurück. Der Stoff vom mildtätigen und tugendhaften Fürsten Titus hatte sich als höfische Festoper bereits mehrfach bewährt; Voltaire pries ihn sogar als eine "ewige Lehre für alle Könige und ein Entzücken für alle Menschen".

Als Erstes reduzierte Mozart Metastasios Libretto um den seiner Meinung nach überflüssigen zweiten Akt. Auch hob er durch die Bezeichnung "dramma seria" seinen Titus von dem Typ der "opera seria" der barocken Vorlage ab. Weil die Zeit drängte, komponierte er den Text in Gruppen sich ähnelnder Nummern. Die Secco-Rezitative überließ er seinem Schüler Franz Xaver Süßmayr, der später auch sein Requiem vollendete.

Trotz der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und der nicht sehr überzeugenden Dichtkunst Mazzolàs wurde aus diesem Auftragswerk ein Modell für die klassizistisch-heroische Oper des frühen 19. Jahrhunderts.



Konzerthaus Berlin
Aufzeichnung vom 23.11.2005

Wolfgang Amadeus Mozart
"La Clemenza di Tito", Dramma seria in zwei Akten KV 621
Libretto: Caterino Tommaso Mazzolà (nach Metastasio)
- konzertante Aufführung -

Alexandrina Pendatchanska, Sopran (Vittelia)
Sunhae Im, Sopran (Servilia)
Marie-Claude Chappuis, Mezzosopran (Annio)
Bernarda Fink, Alt (Sesto)
Mark Padmore, Tenor (Tito)
Sergio Foresti, Bass (Publio)
RIAS Kammerchor
Freiburger Barockorchester
Leitung: René Jacobs