Checkpoint mit Aussicht
Am 28. Januar wählt der griechische Teil Zyperns einen neuen Präsidenten. Amtsinhaber Anastasiades ist der große Favorit. Doch die griechischen Zyprioten machen ihn für das Scheitern der Gespräche über eine Wiedervereinigung der geteilten Insel verantwortlich.
Stau am Sonntag: In Nikosia, der griechisch-zypriotischen Hauptstadt, nichts Ungewöhnliches. Thomas Antoniou kennt das schon. Es ist kurz nach elf, die Prozession der orthodoxen Kirche in vollem Gange. Die Polizei hat deshalb die halbe Altstadt gesperrt.
"Zypern ist ein verbales Minenfeld"
Der Friedensaktivist trommelt auf sein Steuer. Tina und die anderen von Unite Cyprus Now warten schon im Büro der Friedensgruppe - direkt am Grenzübergang. Thomas schaut kurz hoch. Grenzübergang: Das stimmt nicht ganz.
"Sprache ist auf Zypern politisch aufgeladen. Du musst höllisch aufpassen, was du sagst. Wenn ich jetzt sagen würde: Das ist ein Grenzübergang – dann würde das bedeuten, dass jenseits der Grenze ein Staat existiert. Offiziell gehört der türkische Teil Zyperns aber immer noch zur Republik Zypern. Nennen wir es lieber Checkpoint. Zypern ist ein verbales Minenfeld. Es ist wie bei Orwell."
Dunkel ist es – im Parkhaus an der Ledras Straße, der Haupteinkaufsmeile Nikosias. Von hier sind es nur ein paar Schritte bis zum Büro. Thomas kennt das Parkhaus in- und auswendig. Im vergangenen Frühsommer war der Banker fast täglich hier. Immer die gleiche Routine: Wagen abstellen, Trommel und Trillerpfeife in den Rucksack – und dann ab in die Pufferzone – zum Demonstrieren. Für ein geeintes Zypern.
Die Friedensgespräche scheitern im Sommer
Es war die Zeit, als die Friedensgespräche zwischen Nicos Anastasiades, dem griechisch-zypriotischen Präsidenten, und seinem türkisch-zypriotischen Kollegen Mustafa Acinci im Schweizer Kurort Crans Montana auf Messers Schneide standen. Ganz zum Schluss, Anfang Juli, säumten bis zu 1500 Demonstranten die Straße. Griechische Zyprioten, türkische, Briten und ein paar andere Ausländer.
Die Teilung der Insel bleibt das große Trauma Zyperns
Ein altbekanntes Gesicht: Thomas bleibt kurz stehen. Den UN-Soldaten kennt er noch von den Demos. Er war einer der Bewacher. Übermorgen – erzählt der Slowake Thomas - muss er wieder Dienst schieben – im Niemandsland zwischen Stacheldraht und Metalltoren.
"Diese großen, grauen Tore: Dahinter verbergen sich noch zusätzliche Tore. Das sind die sogenannten Crash Gates. Sie werden geöffnet, wenn es am Checkpoint zu Zusammenstößen zwischen griechischen und türkischen Zyprioten kommen sollte. Durch diese Tore rücken dann UN-Soldaten an. Geh ruhig näher heran. Du kannst durch die Ritzen gucken. Siehst du: Dahinter: Die ganzen Häuser. Sie sind alle leer. Die Pufferzone ist eine Geisterstadt. Wenn du genau hinschaust, kannst du noch Einschusslöcher an den Fassaden erkennen. Vom Krieg 1974."
Die Invasion der türkischen Armee 1974, kurz darauf die Teilung der Insel: Sie ist das große Trauma Zyperns.
"Wir haben vor Enttäuschung geweint"
Auch für Ioli Kythreotou – eine der Mitstreiterinnen von Thomas, die sich freut, dass er endlich da ist - im Büro. Ioli ist in Famagusta aufgewachsen. Nach dem Krieg musste ihre Familie die Hafenstadt Hals über Kopf verlassen. Ihr Elternhaus, ihre Ländereien, einfach alles. Famagusta ist heute in türkisch-zypriotischer Hand. Die Mittfünfzigerin nimmt einen der schwarzen Aufkleber mit der Aufschrift "Unite Cyprus Now" in die Hand. Davon hatte sie etliche in Crans Montana dabei. Letzten Juli. Gut eine Woche schrie sich Ioli in der Schweiz die Seele aus dem Leib: "Peace Now" – Frieden sofort. Immer dann, wenn die Fahrkolonnen von Anastasiades und Akinci vorbeifuhren.
"Wir sind durch viele Höhen und Tiefen gegangen. Zwei, drei Tage, bevor die Friedensgespräche scheiterten, hieß es aus Verhandlungskreisen: "Der Durchbruch ist zum Greifen nah." Wir waren gerade auf dem Weg zum Züricher Flughafen, als die Nachricht kam: "Die Gespräche sind gescheitert." Wir haben geweint. Wir waren so enttäuscht."
Maßlos enttäuscht war auch Tina Adamidou, die Sprecherin von "Unite Cyprus Now". Die Frau mit den rot-gefärbten Haaren und schwarz-gold lackierten Fingernägeln hat sich zu Ioli und Thomas an den Tisch gesetzt.
"Am Tag danach haben wir uns im Büro getroffen und zusammen getrauert. Wir waren wie benommen. Doch irgendwann habe ich mir gesagt: Nein! Jetzt erst recht. Wir müssen wieder auf die Füße kommen. Die Gespräche sind gescheitert?! Also gut: Dann müssen wir von "Unite Cyprus Now" dafür sorgen, dass sie wieder aufgenommen werden. Wir müssen uns einmischen. Wir haben ja bald Präsidentschaftswahlen."
Die erste Runde der Präsidentschaftswahl findet am 28. Januar statt. Es ist kurz vor eins. Mittagspause. Tina und CO haben sich auf die Terrasse vom "54" gesetzt - ihrem Lieblings-Restaurant, gleich neben dem Büro. Griechischer Salat, geröstetes Brot, Oliven und Halloumi: Nur ein kleiner Snack, bevor es zurückgeht: Zum Brainstormen.
"Mit einigen Präsidentschaftskandidaten haben wir Video-Interviews geführt – über den Friedensprozess. Die Antworten kannst du dir online anschauen – auf unserer Facebook-Seite. Leider haben uns nur drei Kandidaten eine "Audienz" gegeben. Aber zumindest sind darunter zwei der drei aussichtsreichsten Kandidaten: Stavros Malas. Und Nicos Anastasiades - der Amtsinhaber."
John Lennons "Imagine" als Wahlkampfsong der Opposition
Ein neuer Tag, eine andere Ecke von Nikosia. Und auch hier spielt das "Zypern-Problem" eine wichtige Rolle. John Lennons Friedenshymne "Imagine": Stavros Malas, unabhängiger Präsidentschaftskandidat, setzt bei seiner Wahlkampfveranstaltung auch musikalisch Zeichen. Bei seinen Anhängern kommt das gut an. Griechisch-zypriotische Lehrer – an einem Tisch mit ihren türkisch-zypriotischen Kollegen: Das hat es im Wahlkampf noch nie gegeben. Cristina Valanidou nickt. Mehr als drei Jahrzehnte unterrichtete die Pädagogin an verschiedenen Schulen; bis sie die Nase voll hatte.
"Ich weiß, wie wichtig Schulen sind. Und welch negativen Einfluss nationalistisch-gefärbte Lehrpläne haben können. Allein der Einfluss der orthodoxen Kirche: Bis zum heutigen Tag braucht jeder neue Bildungsminister vom Erzbischof seinen Segen. Ohne sein OK kann niemand Bildungsminister werden. Stellen Sie sich das mal vor: Im 21. Jahrhundert! Schüler können auch nicht Religion als Fach abwählen. Religion ist Pflicht. Als Lehrerin musst du ständig auf der Hut sein. Ansonsten kann es dir passieren, dass Eltern dich anschwärzen und sagen: Die und die Lehrerin hält sich nicht an den offiziellen Lehrplan."
Da ist er: Stavros Malas, der "Friedens-Kandidat." Valanidou geht zu ihm herüber. Sie kennen sich. Kurzer Smalltalk. Dann schreitet der grau melierte Mann durch die vollen Reihen. Die Tage des Kandidaten: Sie sind lang. In den Umfragen liegt Malas hinter Amtsinhaber Nicos Anastasiades. Der Ex-Gesundheitsminister hebt die Hände. Stimmt zwar, aber sein Gegner ist weit von einer absoluten Mehrheit entfernt, eine Stichwahl Anfang Februar wahrscheinlich. Wenn er es in die zweite Runde schafft, hat er durchaus Chancen – macht sich Malas Mut. Unschlagbar ist Anastasiades tatsächlich nicht. Etliche griechische Zyprioten machen ihn für das Scheitern der Friedensgespräche verantwortlich.
"Es bringt doch nichts, mit dem Finger auf Anastasiades zu zeigen und zu sagen: Er ist Schuld. Aber wenn sie mich schon fragen: Wenn ICH Präsident bin, werde ich als erstes die Friedensgespräche wieder aufnehmen – und zwar an dem Punkt, wo sie in Crans Montana endeten. Wir können nicht wieder bei Null anfangen. Dadurch würden wir nur noch mehr Zeit verlieren – und so die de-facto-Teilung des Landes zementieren. Das wäre katastrophal."
"Ich wünschte, wir würden schnell handeln. Allein schon wegen des demographischen Wandels im Norden. Immer mehr Nord-Zyprioten verlassen die Insel. Sie werden ersetzt durch türkische Siedler vom Festland. Die Zeit läuft uns davon. Je mehr Festlands-Türken auf der Insel leben, desto geringer die Wahrscheinlichkeit einer tragbaren Wiedervereinigung."
Herr Erdoğan ist unberechenbar
Malas hat sich an den Rand des Festsaals gesetzt. Er will noch kurz seine Rede überfliegen. Durch das Fenster fällt der Blick auf Stacheldraht und die alte Venezianische Stadtmauer. Dahinter liegt der türkische Teil, keine hundert Meter entfernt. Ohne die Schutzmacht Türkei läuft auf der anderen Seite nichts: Das muss man Malas nicht zwei Mal sagen.
"Herr Erdoğan ist unberechenbar, wie die Türkei. Nur: Über sein Schicksal entscheidet das türkische Volk. Nicht wir. WIR können nur darüber entscheiden, ob es bei uns Zeit ist für einen Wandel. Ich bewerte Politiker danach, ob sie ihren Worten Taten folgen lassen. Herr Anastasiades hat leider ein ums andere Mal bewiesen, dass es ihm an Glaubwürdigkeit mangelt. Nicht zuletzt bei den Friedensgesprächen. Wir sind keine Supermacht von geostrategischer Bedeutung. Wir haben nur unsere Glaubwürdigkeit. Und da muss ich sagen: Tut mir leid, aber Herr Anastasiades ist unglaubwürdig."
Malas packt sein Manuskript zur Seite: Es wird Zeit. Frieden durch Bildung: Die nächste halbe Stunde wird das breiten Raum einnehmen.
"Ich bin überzeugt: Griechische und türkische Zyprioten können zusammen leben."
"Ich sehe schwarz für den Friedensprozess"
Griechische und türkische Zyprioten unter einem Dach: Das würde auch Simon Bahceli sofort unterschreiben.
"We are in Hoi Polloi, in Nicosia, just inside the Turkish side."
Seit etwas mehr als zwei Jahren gibt es das Hoi Polloi, Simons Hipster-Café im türkisch-zypriotischen Teil Nikosias.
"I wanted to put a sign saying: "No Hipsters."
Das mit dem Hipster-Café hört Simon nicht so gerne. Sein Laden heißt ja auch nicht umsonst Hoi Polloi: Die Unterklasse. Hipster verirren sich nur selten her. Künstler umso mehr. Schriftsteller, junge Schwule und Lesben. Nationalistisch sind die wenigsten. Simon schon gar nicht. Der 50jährige verzieht das Gesicht. Anfang des Monats gab es in Nord-Zypern Parlamentswahlen. Die Rechten haben gewonnen; die Ultra-Rechten.
"Ich sehe schwarz für den Friedensprozess. Unser türkisch-zypriotischer Präsident, Mustafa Akinci, ist ganz in Ordnung. Aber was soll er schon ausrichten – gegen die neue rechte Regierung, von Erdoğan ganz zu Schweigen. Und Anastasiades, der griechisch-zypriotische Präsident?! Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Er sagt immer, er sei für die Wiedervereinigung. Die Frage ist nur: Zu welchem Preis? Ich kann mir einfach keinen Reim auf ihn machen."
Der Ruf des Muezzin unterlegt von Folk-Music: Simon mag das. Er hat sich an seinen Stammplatz gesetzt: Draußen, an der Eingangstür. Von hier hat er alles im Blick: Die Halbstarken mit ihren frisierten Mofas; den Opa vom Schuhladen; seine Gäste.
Die perfekte Location
"Die Altstadt Nikosias ist der einzige Ort auf Zypern, in dem die griechische und türkische Seite ansatzweise eine Einheit bilden. Deshalb ist mein Café hier. Ich weiß noch: Ich saß drüben im Restaurant und sah durch Zufall das Schild. "Zu vermieten." Und ich dachte nur: Das ist die perfekte Location. Bis zum Grenzübergang sind es keine hundert Meter. Leute von der griechischen Seite finden uns ohne Probleme. Und du siehst ja: Der Platz ist toll: Allein die Karawanserei aus der Ottomanischen Zeit ist der Hammer. Dieser Platz atmet Geschichte. Einfach perfekt."
Probleme hat Simon bislang nicht gehabt. Nicht wirklich. Anfangs, erzählt er, seien ein paar Nachbarn nicht gerade begeistert gewesen – wegen der ganzen Hippies von drüben, die plötzlich auftauchten: Doch das habe sich gelegt. Ob jemand türkischer Zypriot ist oder griechischer: Simon ist das egal. Anderen weniger.
"Ständig werde ich gefragt: Und? Was bist du? Bist du Zypriot? Oder Brite? Meine Mutter kommt ja aus Großbritannien. Und ich nur so: Ich bin beides. Ja, aber für welches Land schlägt dein Herz? Wenn die Türkei und Großbritannien Krieg führten: Auf welcher Seite würdest du kämpfen? Ich will für niemanden kämpfen. Du kannst doch Zypriot UND Brite sein. Gleichzeitig. Ich möchte mich nicht für EINE Seite entscheiden."
Simon nippt an seinem Rotwein. Er will gleich noch auf die andere Seite der Grenze; zum Einkaufen. Sein Personal kommt auch ohne ihn klar. Das hat jetzt gerade noch gefehlt: Aus der Markise tropft es. Simon schüttelt den Kopf. Schon seit Wochen hat es in Nikosia nicht geregnet. Und dann das. Doch so schnell ist jemand wie er nicht aus der Fassung zu bringen.
Die Grenzkontrollen nerven
In aller Seelenruhe stellt der Blondschopf Stühle und Tische zur Seite. Simon nickt seinem Kellner zu: Er muss los. Rüber nach Süd-Nikosia.
"Es ist nicht wie zwischen dem Gazastreifen und Israel. Der Übertritt ist eine Formalie. Du bist in ein paar Minuten auf der anderen Seite. Die Grenzöffnung war ein Segen. Aber OK?! Das ist jetzt wie lange her? 16, 17 Jahre?! Und noch immer gibt es diese Grenzkontrollen. Das nervt. Jedes Mal, wenn ich etwas aus dem Süden einführen will, muss ich bei der türkisch-zypriotischen Polizei haargenau angeben, um was es sich handelt. Die Polizei kann exakt verfolgen, wann und wo ich die Grenze überquert habe. Ich mag es nicht, ständig überwacht zu werden."
"Mein Leben ist komplett auf den Kopf gestellt"
Der Kontrast zu wuseligen Altstadt Nikosias: Er könnte größer kaum sein. Donnerstag-Vormittag, das Informationszentrum des Geo-Parks im Troodos Gebirge. Süd-Zypern. Mit dem Auto sind es gut anderthalb Stunden bis zu Europas letzter geteilter Hauptstadt. Konstantina Theofylactou fährt die Strecke häufiger. Wenn sie ihre Eltern in Nikosia besucht. Seit knapp zwei Monaten arbeitet die junge Geologin in der Einsamkeit des Troodos Gebirges, knapp 1700 Meter über dem Meeresspiegel.
"Mein Leben ist komplett auf den Kopf gestellt. Es ist nicht besser, sondern: Anders. Ich arbeite ja ganz alleine im Infozentrum. Jeden Tag entdecke ich etwas Neues. Gestern war ich nach der Arbeit Wandern. Zum Madari – den zweithöchsten Gipfel hier. Die Aussicht war spektakulär. Du fühlst dich danach wie neugeboren."
26 ist Konstantina. Studiert hat sie in Zypern und Griechenland: Geologie. Steine, Felsen, Mineralien haben sie schon als Jugendliche fasziniert. Wie viele aus ihrer Generation interessiert sie Politik nur am Rande. Ihr Job inmitten der bizarren Vulkanlandschaft: Für sie ist das wie ein Sechser im Lotto. Und das mit der Einsamkeit: Gar nicht so dramatisch. Die Frau mit dem kleinen, tätowierten Herzen auf den linken Mittelfinger schnappt sich das Gästebuch und fängt an zu blättern.
"Ok. Das ist Englisch. Hier: Ein Deutscher. Und jemand aus Israel. Zu uns kommen nicht nur Geologen und Studierende, sondern auch Touristen. Ich hatte schon Gäste aus aller Welt: Aus Italien, Ägypten, Malta. Im Dezember waren es besonders viele. Viele Zyprioten verbringen die Weihnachtsfeiertage und Neujahr in den Bergen. Meist bleiben sie drei, vier Tage und schauen bei uns vorbei."
530.000 Touristen in einem Monat
Nicht nur im Troodos Gebirge boomt der Tourismus. Allein im Juli letzten Jahres kamen mehr als 530.000 Touristen nach Süd-Zypern: Das ist Rekord. Die Insel der Aphrodite: Spätestens seit dem Arabischen Frühling und den Anschlägen in Istanbul ist sie für Briten und Deutsche eine sicherere Alternative. Schlecht für die Infrastruktur, die kaum Schritt hält mit den Besucher-Massen. Gut für Präsident Anastasiades, der sich im Wahlkampf gerne mit den Rekord-Übernachtungszahlen brüstet. Auch Konstantina ist der Touristen-Boom recht. Je mehr Besucher, desto mehr Abwechslung: So sieht sie das. Letztens waren sogar chinesische Austausch-Studentinnen da. Nur türkische Zyprioten verirren sich zu ihr keine hoch.
"In den zwei Monaten hatte ich noch keinen einzigen Besucher von der türkischen Seite. Was sage ich denn da? Es heißt natürlich: Besetzte Zone. Nicht: "türkische Seite". Das ist falsch."
Mit Politik hat Konstantina nicht viel am Hut. Sie ist nach draußen gegangen: Das hier, meint sie und dreht sich langsam im Kreis: Das ist ihre Welt. Die Natur. Das Wechselspiel der Jahreszeiten. Die Stille. Ob nun Anastasiades das Rennen macht, Malas oder der Hardliner Papadopoulous, ist ihr egal.
Die Jugend interessiert die Wahl nicht
"Ich?! Nein, ich glaub nicht, dass ich wählen gehe. Die Wahl interessiert mich nicht. Ich glaube, so geht es vielen meiner Generation. Kann sein, dass ich mich mit dreißig oder vierzig für Politik interessiere. Vielleicht. Vielleicht auch nicht."
Konstantina ist zurück ins Info-Zentrum gegangen. Sie schaut auf den Bildschirm ihres Computers. Ein paar Freunde haben Sachen auf Facebook gepostet, einer sogar etwas über den Wahlkampf. Die Geologin lacht. Vielleicht sollte sie sich das mit der Politik doch noch einmal überlegen. Sie wüsste auch schon jemanden, der die Altherren-Riege aufmischen könnte.
"Na: Ich. Ich könnte doch in zehn, zwanzig Jahren als Präsidentschafts-Kandidatin antreten. Ich bin erst 26. Ich habe noch Zeit. Warum eigentlich nicht."